Tasco 11T Newton 112/900mm Reflektor

seit 29.03.2018

Vermutlich - auch - der Spiegelklassiker schlechthin ... allerdings in der weit verbreiteten "Kaufhaus"-Version. Ich hatte mit diesem "Tasco-11T"-Newton auch jahrelang zwischen 1981 und 1987 beobachtet. Und ich habe doch tatächlich noch ein schon recht verblichenes Photo aus Kinderzeiten aufgetrieben ...



Der war nun mein zweites Gerät, ich kaufte ihn 1981 für ca 600 DM. Aber den ursprünglichen Reflektor hatte ich dann 1994 verkauft ... dieser hier gehörte zum kürzlich erworbenen Tasco 16V-Newton dazu. Die netten Leute, von denen ich den 16V kaufte, meinten, sie hätten noch weitere Teile da, die sie sonst entsorgen würde ... wenn ich diese haben wollte, könnte ich sie bekommen. Und ja, ich hab diese Teile dann abgeholt und es stellte sich als - bis auf die beiden ursprünglichen Okulare mit 6 und 20mm Brennweite - als komplettes Teleskop heraus.
Das Gerät habe ich dann aufgebaut und musste zunächst den Fangspiegel reinigen. Ansonsten war alles okay, selbst der Hauptspiegel war noch halbwegs sauber. Obwohl das Gerät bestimmt 35 Jahre auf dem Buckel hat. Das Wetter führte natürlich wieder das übliche Gesabotiere durch ... Wolken & Regen. Muss also noch warten, wie sich der Newton am Himmel so macht. Mal sehen.
Dann konnte ich den Newton doch mal kurz in einer Wolkenlücke nutzen ... ja, wie man es kennt: Soweit ersichtlich, macht die Optik einen durchaus brauchbaren Eindruck. Aber diese Zitterei beim Fokussieren ... schon bei geringeren Vergößerungen wackelte alles; dann bei den hohen Vergrößerungen (ich hab ja "nur" bis 150/180 fach vergrößert bzw. dies versucht) - nur Gewackel. Und das dann noch mit den geringen Gesichtsfeldern der bei diesen Teleskopen üblicherweise mitgelieferten H bzw. (etwas größeres Feld) HM-Okularen - definitiv kein Spass.

Vergleichbare Zitterteile werden heute als "Einstiegsgeräte" verkauft; ein Umstand, der mich immer wieder ärgert und mit dem Schindluder getrieben wird. In dem Zustand sind das eher Verzweifelungs- bzw. Ausstiegsgeräte (es wundert ja auch nicht, dass solche Teile so häufig in Kleinanzeigenmärkten für z.T. kleinstes Geld!) zu finden sind - schade. Aber häufig stehen da wohl eher "betriebswirtschaftliche" Interessen im Vordergrund (wobei; bei Versandhäusern kann ich das noch nachvollziehen, das man nicht so auf mechanische Stabilität achtet. Bei Astrohändlern allerdings nicht, denn DIE sollten es eigentlich besser wissen :-/ ). Was tun mit dem Tasco? Erstmal "auf Halde".

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Nach längerer Zeit des Herumliegens stand nun ein Experiment an, welches ich schon immer machen wollte ... gib dem "Kaufhausklassiker" mal ein anderes Stativ. Eines der großen Schwachpunkte des Newtons ist da das Gewackel beim Fokussieren - das Teleskop zittert wie Espenlaub. Da kommt dann natürlich erstmal die Montierung in den Verdacht ... und die sieht ja nun auch nicht sehr robust aus. Da "flog" - als Schwachpunkt das Stativ immer etwas "unter dem Radar" ... Wenn man allerdings mal am Übergang Montierung - Stativ horizontal "dreht", sieht man gleich: da ist heftige Bewegung möglich, da ist nichts starr und stabil. Nun dünnes Holz und nahe beieinanderliegende Fixierschrauben an den Aufnahmefüssen der Montierung ... nicht wirklich gut.
Ich konnte dann aus den "Kleinanzeigen" ein abgerocktes Zeiss-Telementorstativ für nicht allzugroßes Geld herausfischen (von dem ich eigentlich nur den Montierungszapfen brauchte). Aber mit dem Rest geht doch was ... Zapfen runter und dann die alte Tasco-Montierung mit Hilfe einer Photoverlängerungshülse am Stativ festgebastelt. Erster Test ... das "horizontale Wackeln" kaum nach zu machen. Das Ganze macht einen sehr viel stabileren Eindruck. Da bewegt sich nichts mehr ... gut!!. Dann den Newton draufmontiert und auf den Balkon damit ... Ich nahm dann Jupiter ins Okular ... zuerst im 25er ... und die Fokussiererei ... machte Spass. Vielleicht ein bis zwei Sekunden Nachschwingen - dann Ruhe! Freude machte sich breit, die dann schnell in regelrechte Begeisterung "eskalierte". Dann gleich mal auf 180fach mit dem 5er Okular gegangen: ich erinnere mich: mit dem "Standardstativ" ist das eigentlich vor Wackelei nicht oder nur kaum machbar. Hier: auch nur kurzes max 2 sek. dauerndes Nachschwingen, man kann gut fokussieren und das Gerät steht still. Man kann nun mit dem Teleskop richtig Spass haben - ohne diese Wackelage ... . Später ging ich dann - es war ja noch nicht ganz dunkel und der Katastrophensucher mit seinen netto 7mm Öffnung leistete mal nichts - per Peilerei auf den Doppelten gamma Vir (2"9): zwar gab es sattes Seeing, aber der Doppelte war im nun beim Scharfstellen nicht mehr sonderlich zitternden Tasco 11T gut aufzulösen.

Manchmal gibt es ja den Ausspruch: "das war ein Unterschied wie Tag und Nacht". Hier passt er wirklich. Das Ding ist auf einmal stabil! Das ist schon mal eine schöne Erkenntnis. Es ist tatsächlich NUR das Stativ. Was ich nicht gedacht hätte: selbst die Montierung reicht offensichtlich doch völlig aus, um den Newton annehmbar stabil zu tragen. Dieselbe Montierung wird ja auch zu den üblichen 60/900mm Refraktoren (die ja einiges leichter sind) ausgeliefert. Schätze mal, die haben so ein regelrecht "bombenfestes" Fundament. Sehr schön!

So kann ich es aus dieser gerade gemachten Erfahrung allen von diesen geradzu als Sabotagewerkzeugen korrekt zu bezeichnenden "Stativen" geplagten Einsteigern mit solchen Viereinhalb-Zöller-Newtons oder auch den 60/900er Refraktoren der Marken Tasco, Revue, Quelle, Apollo und wie sie da noch heissen, empfehlen: Geht mal in die bekannten Kleinanzeigenportale und gebt sowas wie "Baustativ", "Vermessungsstativ", "Nivellierstativ", "Holzstativ" etc. ein. Manchmal gibts die - etwas abgerockt - für einen Zwanziger abzufischen. Tipp hierbei: je breiter die "Beinspreizung" oben an der Metallplatte (dort wo dann die Niveliergeräte aufgesetzt werden) ist, desto stabiler; denn da ist die "horizontale Torsion", also Verdrehbarkeit (damit der "Wackel") geringer. Dann müsst Ihr den Aufnahmefuss der Montierung (i.d.R. mit einer 10er Sechskantschraube fixiert) wegnehmen; nun kommt ein ca 30mm durchmessender Zapfen, der dann ca 25mm unter die ca 7cm durchmessende Montierungsauflage"platte" ragt, zu Vorschein. Nun die Montierung von oben auf die Nivellierplatte. Jetzt kommt Ihr dran; denn Ihr müsst ein bischen Phantasie aufbringen, wie die Montierung von unten an das Stativ fixiert werden kann; ich hab dies mit Hilfe eines alten Photoadapters, der bei mir noch herumlag, bewerkstelligt: unter den die kleine - vormals am alten "Montierungsdreifuß" befestigte - runde Metallplatte mit einer längeren passenden Schraube gegengekontert und - fertig. Hält bombenfest!

Und ich empfehle eher die Holzstative; denn die sind schwingungsärmer als vergleichbare Alustative (wenngleich auch diese gegenüber den im Umfang mitgelieferten Mikadostäbchen einen beachtlichen Gewinn an Stabilität bringen dürften).


Fazit: Ihr könnt mit geringem Aufwand an Geld, Zeit und Phantasie Eurem (auch) 11-T eine Basis bringen, die den Namen verdient. Und ich gehe davon aus, die meisten, die dies machen sollten, werden merken, das sie nun ein wirklich gut nutzbares - weil stabil stehendes - (nicht nur) Einsteigerteleskop vor sich haben, mit dem das Beobachten wieder richtig Spass machen kann. Man kann nur hoffen, dass die der Hersteller und auch einschlägigen Händler bezüglich der Wackeleien mal "etwas tun", damit diese ein Ende hat und sie sich für stabile Stative stark machen. Ich denke mal, wenn so ein als "Einstiegsgerät" gefeiertes Wackel-Teleskop dann statt wie bisher z.B., 179€ eben für ein paar € mehr - dann aber mit Stativ, welches den Namen auch verdient - angeboten werden kann, wäre doch allen geholfen ... (okay, ich könnte dann keine 11-Ts etc. mehr für den Gegenwert einer Kiste Bier aus den Kleinanzeigen fischen - aber damit könnte ich gut leben ;-) )

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Nun hatte das Wetter auch mal ein Einsehen und ich konnte den Newton auf dem Stadt-Balkon aufstellen. Das geht - trotz des (durch das Stativ) etwas höheren Gewichtes immer noch schnell; dieser 11-T ist sozusagen ein "Schnellspechtler" fürs mal eben Gucken. Und ich bekomme richtig Spaß an dem Teil, also wird der noch weiter verbessert. Aber zu den Beobachtungen des Abends (Ich gönnte dem Tasco orthoskopische Okulare von Vixen und Zeiss): Es waren da zunächst in der Dämmerung Venus und Jupiter. Venus war ein einziger Seeingwirrwarr in Dreiviertelphase. Mehr nicht. Der Jupiter in SO: hier war das Seeing besser, man erkannte in ruhigen Momenten Andeutungen von Stukturen innerhalb der großen Atmosphärenbänder (V=150/180fach); die Monde waren - in ruhigen Momenten - deutlich sichtbar unterschiedlich große Scheibchen.
Da DeepSky aus der (nun auch noch sommerlich aufgehellten) Stadt eher wenig möglich ist - Doppelsterne. Und hier kam dann gleich mal das nächste Problem des 11-T (neben dem ehemaligen Schrottstativ) zum Tragen: ein unbrauchbarer 5x24er Chromaten (Einlinser)-Sucher. Das Teil wird ewig ein Sucher bleiben, denn Finden kann man damit nicht wirklich viel. Hier hat man auf japanischer Herstellerseite blödest gespart und den ehemaligen zweilinsigen Achromaten eben durch die Einlinser-Unbrauchbar-Version ersetzt. Um ein nicht allzubuntes Bild zu bekommen, ist der auf 7mm abgeblendet. Das taugt mal nix und da muss was anderes her.
Zunächst mal zu y Vir (2"9): schon im 16er (V=56fach) andeutungsweise getrennt; ich meine, der muss aber schon so 3"4 haben ... . Bei 150fach: zeitweise zwei saubere Sternchen sichtbar. Weiter m Lib (2"0): auch der war recht einfach zu trennen, wenngleich hier das Seeing schon stärker wirkte. Die hier unruhigere Luft (über einem Haus)"wirbelte" die Beugungsringe doch mehr "durcheinander", so daß hier die Trennung etwas schwerer war. Hoch zu xi UMa: Seeing geringer, die 1"8 wurden schnell getrennt. Zum Abschluss dann das positive "Häppchen": das Mehrfachsystem xi Sco. Man merkte, die Luft hat sich beruhigt, das Seeing wurde weniger und ich konnte dieses schöne Mehrfachsystem gut auflösen. Insbesondere die beiden engen ca 5mag-Komponenten, die laut "Karkoschka" gerade mal 1"0 Distanz haben sollten, wurde schon bein 150fach, deutlicher aber bei 180fach in zwei sich direkt berührende Sterne aufgelöst. Da war ich dann überrascht, denn das ist das theoretische Limit für einen 112er Newton. Und das Bild war zeitweise richtig scharf. Prima.

Fazit 2: der ca. 35jährige 11-T kann was. Die Optik stimmt. Das Stativ nun auch. Jetzt kommt der Sucher an die Reihe, denn der Mitgelieferte taugt nix. Auf in die "Kleinanzeigen", einen 6x30er suchen. Und da der Newton doch recht seeinganfällig ist, wird da auch noch der D-C-Fix-Innenpimp kommen.

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Dann war mal wieder Pimpzeit angesagt. Nachdem ich der Männerkirche (aka: dem Baumarkt ;-) ) die letzten beiden Rollen D-C-Fix-Veloursfolie entlocken konnte, gleich mal los. Zunächst aber erstmal den Tubus ganz auseinandergebaut und mal etwas geputzt. Und es kam dann doch noch etliches an Siff runter. Diesen bekam ich übrigens mit Natron Pulver gut und schnell runter. Erstaunlich, dieses Zeug.



Wenn schon Reinigung, dann auch gleich mal der Hauptspiegel. So ganz sauber, wie ich zunächst gedacht habe, war der eben doch nicht. Den natürlich NICHT mit Natronpulver gereinigt, sondern in warmes Wasser mit ein bischen Spüli und dann - den Spiegel unter Wasser haltend - vorsichtig mit einem "Q-Tip" abgestrichen. Das Ergebnis spricht dann doch für sich.



Dann ging die D-C-Fix-Kleberei los. Ohne weitere Kommentierung lasse ich mal die Bilder sprechen ...





Schliesslich musste noch die Sucherkatastrophe angegangen werden ... da traf es sich ganz gut, dass ich in meiner Kruschtelkiste noch einen alten Meade 8x25er Winkelsucher fand und sogar auch noch eine Sucheraufnahme. Nungut, der Sucher ist auch nicht wirklich "das Gelbe vom Ei" und die Sucheraufnahme liegt so tief, das man hier schon etwas gymnastischer an die Beobachtung gehen muss ... aber im Gegensatz zu dem alten 7mm Schrottsucher schon ein kleiner Fortschritt. So sieht der provisorisch herangedengelte Konstrukt nun aus ...



Da steht er nun, der halbwegs "durchgepimpte" Teleskop-Oldie ... in Kürze bekomme ich - dank eines netten Sternfreundes - noch einen 6x30er Sucher, der diesen bizarren gegenwärtigen Sucherkonstrukt dann ablösen wird ... und dann ist er fertig, der Tasco 11-T.



Ready to rumble ;-) Nun ist auch noch der Sucher "upgegradet"- mit dem besagten 6x30er Sucher. Ich bin mal gespannt, aber zuversichtlich, daß er nun sein volles Potential ausreizen kann.